Brigitte Bettenbruch hat ihr Leben lang für ein eigenständiges Leben und einen Arbeitsplatz gekämpft. Bei der LWV-Regionalverwaltung Darmstadt bekam sie nun eine unbefristete Stelle. Sie unterstützt die Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter im Regionalmanagement von Wilhelm Müller.
DARMSTADT. Der LWV beschäftigt mehr als 200 schwerbehinderte Menschen. Seit kurzem auch Brigitte Bettenbruch: Sie ist über einen Außenarbeitsplatz in die Regionalverwaltung Darmstadt gekommen.
Brigitte Bettenbruch hat es geschafft. Sie lebt in ihrer Zwei- Zimmerwohnung in Hochheim nahe Darmstadt, hat einen unbefristeten Arbeitsvertrag in der Tasche, Freunde, mit denen sie viel unternimmt und gerne verreist. Sie ist mit sich und ihrem Leben so, wie sie es jetzt gestalten kann, zufrieden. Das strahlt sie aus, wenn sie sagt: „Ich bin immer unterwegs“. Dass das auf Rädern geschieht, tut der Freude keinen Abbruch. Sie hat sich daran gewöhnt.
Brigitte Bettenbruch, Jahrgang 1978, lebt mit ihrer Behinderung von Geburt an. Sie litt nach der Entbindung unter Sauerstoffmangel, weil sie nicht gleich zu atmen begann. Die Folge: Lähmungserscheinungen in Armen und Beinen, die vor allem die linke Körperhälfte betreffen und die die Fortbewegung im Rollstuhl erzwingen.
„Ich mache eben alles mit rechts“, erklärt sie und ist zu Recht stolz darauf, dass sie nach vielen Jahren, die nicht einfach für sie waren, jetzt in Festanstellung ihren Job ausfüllen kann. Sie ist im Regionalmanagement Darmstadt im Fachbereich für Menschen mit einer körperlichen oder einer Sinnesbehinderung angestellt. Hier arbeitet sie den zwölf Sachbearbeitern zu, bereitet Akten und Anträge zur Weiterbearbeitung vor. Sie füllt Formulare aus, kopiert Belege, stellt Daten und Listen zusammen. Mit ihrer Ausbildung zur Bürokauffrau ist sie für diese Tätigkeit bestens qualifiziert. Ihr Chef, Regionalmanager Wilhelm Müller, ist froh, dass sie die Sachbearbeiter unterstützt und ihnen somit ermöglicht, mehr Zeit für die eigentliche Bearbeitung der Akten zu haben: „Frau Bettenbruch ist eine wertvolle Mitarbeiterin für uns und ich freue mich, dass wir sie jetzt endlich fest einstellen konnten.“ Immerhin hat sie eine lange „Probezeit“ hinter sich gebracht. Denn ihr Arbeitsplatz war bislang ein Außenarbeitsplatz.
Der Weg dahin war für Brigitte Bettenbruch kurvenreich. „Ich musste immer um alles kämpfen“, sagt sie. Aufgewachsen ist sie zu einer Zeit, da Kinder im Rollstuhl häufig Förderschulen besuchten, auf der größtenteils Jungen und Mädchen mit einer geistigen Behinderung unterrichtet wurden. Sie war 14 Jahre alt, als eine engagierte Lehrerin ihr half, einen Platz auf einem Internat für Kinder mit Körperbehinderung zu bekommen. „Da fing mein Leben an“, sagt Bettenbruch heute. Endlich konnte sie lernen und nicht nur „spielen“, wie sie es bisher aus ihrer Schulzeit kannte. Bis zum Realschulabschluss kämpfte sie sich durch, da war sie 19, da sie viel Stoff aufzuholen hatte. „Anschließend wollte ich eine Ausbildung zur Bürokauffrau machen, habe über 50 Bewerbungen verschickt, aber eine Lehrstelle habe ich nicht gefunden.“ Ein klein wenig Resignation schwingt in ihrem Rückblick mit, die aber schnell wieder ihrem Optimismus weicht, wenn sie weiter erzählt: „Schließlich habe ich eine überbetriebliche Ausbildung gemacht und mein Ziel mit der Prüfung bei der Industrie- und Handelskammer erreicht.“
Es folgten zweieinhalb Jahre Arbeitslosigkeit. Aufgegeben hat sie nie, immer wieder Bewerbungen geschrieben. „Über das Arbeitsamt habe ich dann eine Fortbildung bei der DGT, der Dienstleistungs-Gesellschaft Taunus, gemacht. Computerkurs und Bewerbungstraining“, erzählt sie. Der Integrationsbetrieb der Josefs-Gesellschaft, Köln, hat zum Ziel, behinderten Menschen den Weg auf den ersten Arbeitsmarkt zu bahnen. Bei der DGT fiel die junge Frau positiv auf, ließ ihre Unterlagen da, hielt den Kontakt – und wurde belohnt: Ihr wurde eine Stelle beim LWV in Darmstadt vermittelt. „Mein Vorgänger, Herr Mausehund, konnte sich vorstellen, einen Außenarbeitsplatz einzurichten“, erklärt Müller, der seit 2011 Regionalmanager in Darmstadt ist.
„Als ich den Anruf bekam, dass der LWV mich haben will, habe ich mich riesig gefreut – der einzige Haken war für mich, dass ich zunächst in eine Werkstatt gehen musste“, erinnert sich Bettenbruch an den Anruf im Dezember 2004. Ein Außenarbeitsplatz ist an eine Tätigkeit in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung gekoppelt. Doch Bettenbruch hatte Glück und konnte das übliche Eingangsverfahren schnell durchlaufen. Ihrem Einsatz beim LWV standen bald keine bürokratischen Hürden mehr im Weg. Im März 2005 konnte sie ihre Stelle antreten und arbeitete 75 Prozent. Die Kollegen wussten ihre Tätigkeit schnell zu schätzen, ihr Vertrag wurde verlängert, bis er zum 1.10.2011 in ein normales Teilzeit-Arbeitsverhältnis umgewandelt wurde. Brigitte Bettenbruch ist glücklich, es so weit geschafft zu haben: „Ich musste immer um alles kämpfen. Jetzt freue ich mich, dass ich meinen Kolleginnen und Kollegen die Arbeit erleichtern kann.“ Wilhelm Müller hofft jetzt, dass das gute Beispiel Schule macht.
Katja Gußmann
Außenarbeitsplätze sind an Werkstätten für Menschen mit Behinderung gebunden: Die Beschäftigten arbeiten für ein Jahr oder länger in einem Betrieb oder einer Verwaltung und werden von einer Fachkraft für berufliche Integration der Werkstatt betreut. Betrieb und Werkstatt schließen dazu einen Vertrag. Angestrebt wird die Übernahme in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis.
Vor dem Eintritt in die Werkstatt ist in der Regel ein Eignungsverfahren vorgeschaltet. In einem weiteren Schritt folgt das „Eingangsverfahren“, das bis zu drei Monate dauern kann. Hier besteht die Möglichkeit, besondere Fähigkeiten und Neigungen herauszufinden.
Es folgt der „Berufsbildungsbereich“, der Fortbildungen und Schulungen umfasst und bis zu zwei Jahre dauert. Daran schließt sich die dritte Phase an, der „Arbeitsbereich“. Die Arbeit kann entweder im Rahmen einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung aufgenommen werden oder auf einem Außenarbeitsplatz.
Für die Bewilligung von Leistungen im Eingangsverfahren und im Berufsbildungsbereich können zuständig sein:
für die Bewilligung von Leistungen im Arbeitsbereich außerdem
Sofern kein vorrangiger Leistungsträger (siehe oben) die Kosten übernimmt, trägt der LWV
Die Leistungen des LWV Hessen werden als Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 54 Abs.1 SGB (Sozialgesetzbuch) XII in Verbindung mit § 41 SGB IX erbracht.
Katja Gußmann