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Leitbild Inklusion des LWV Hessen

Leitbild Inklusion des LWV Hessen

Leitbild Inklusion des LWV Hessen

verabschiedet am 2. Oktober 2013

Inklusion als Leitmotiv

Inklusion bedeutet, dass alle Menschen an einer Gesellschaft gleichberechtigt teilhaben können, unabhängig von ihren persönlichen Merkmalen wie Geschlecht, Alter, ethnische Herkunft, Beeinträchtigungen, sexuelle Identität, religiöse oder weltanschauliche Überzeugung. Jeder Mensch hat die Möglichkeit, sich an den gesellschaftlichen Prozessen zu beteiligen, die seinen Neigungen, Fähigkeiten und Entwicklungspotentialen entsprechen. Jeder wird in seiner Individualität respektiert. Verschiedenheiten werden als selbstverständlich wahrgenommen und werden nicht hierarchisch bewertet, insbesondere führen sie nicht zur Abwertung einzelner Personen oder Gruppen. Dies entspricht Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“.

Die Gestaltung einer inklusiven Gesellschaft ohne Ausgrenzung erfordert eine aktive Mitwirkung aller gesellschaftlichen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Gruppen, Institutionen und Organisationen. Es gilt, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Ausgrenzung vermeiden und gleichberechtigte Teilhabe ermöglichen.

Menschen mit Beeinträchtigungen werden behindert

Für Menschen mit Beeinträchtigungen beschreibt die UN-Behindertenrechtskonvention einen umfassenden Anspruch auf Inklusion in allen Lebensbereichen, der hinsichtlich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte unter Ausschöpfung verfügbarer Mittel nach und nach umzusetzen ist. Der LWV Hessen ist diesem Anspruch in besonderer Weise verpflichtet. In Übereinstimmung mit der UN-Behindertenrechtskonvention verstehen wir unter behinderten Menschen Personen, bei denen „langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren ihre volle und wirksame Teilhabe gleichberechtigt mit anderen an der Gesellschaft behindern“.

Beeinträchtigungen der verschiedenen Art wirken sich erst in Wechselwirkung mit der Umwelt als Behinderung aus. Treppen und Stufen behindern mobilitätseingeschränkte Menschen. Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen werden durch Verwendung „schwerer Sprache“, Menschen mit seelischen Beeinträchtigungen durch Anforderungen des Zusammenlebens oft erst als „behindert“ wahrgenommen. Behinderung ist ein soziales Ereignis, das veränderbar ist. In dem Maße, in dem Barrieren abgebaut werden und Teilhabe ermöglicht wird, reduzieren sich Behinderungen.

Gleichwohl bleiben viele Menschen mit Beeinträchtigungen auch in einer barrierefreien Umwelt auf notwendige Unterstützung angewiesen, um ihren Alltag selbstbestimmt bewältigen und Teilhabe gleichberechtigt verwirklichen zu können. Die erforderliche Unterstützung durch Familie, Freunde, Nachbarn und durch professionelle Hilfen muss gewährleistet sein.

Selbstbestimmung fördern

Selbstbestimmung ist ein wichtiger Faktor für die Verwirklichung von Lebensqualität. Selbstbestimmung bedeutet, dass Menschen Einfluss nehmen können auf Dinge, die sie selbst betreffen oder auf das, was mit ihnen geschieht. Jeder Mensch hat das Recht auf Selbstbestimmung als Bestandteil seiner Freiheitsrechte. Einige können ihre Ziele und Wünsche selbst formulieren und aus eigener Kraft umsetzen. Andere brauchen dazu Unterstützung und Begleitung. Selbstbestimmung bedeutet nichtgrenzenlose Selbstverwirklichung. Sie entwickelt sich vielmehr in sozialen Bezügen, kulturellen Zusammenhängen und im Zusammenleben mit anderen, deren Recht auf Selbstbestimmung ebenfalls Geltung beansprucht.

Selbstbestimmung bedeutet auch Verantwortung und ist begleitet von alltäglichen Zumutungen, Erschwernissen und Risiken. Eine Kernaufgabe des LWV Hessen besteht in der Unterstützung behinderter Menschen, ihr Leben selbst zu bestimmen, ihnen Handlungsspielräume zu eröffnen, diese zu erweitern und selbstverständlich zu machen. Hierbei werden die betroffenen Menschen und die sie vertretenden Organisationen beteiligt.

Teilhabe ermöglichen

Ziel des LWV Hessen bei der Wahrnehmung seiner gesetzlich zugewiesenen Aufgaben ist es, dass behinderte Menschen als gleichberechtigte Bürgerinnen und Bürger am gesellschaftlichen Leben teilhaben und ihre Bürgerrolle wahrnehmen können. Ökonomische Teilhabe durch einen angemessen Lebensstandard, Teilhabe an Rechten und politischer Mitsprache, kulturelle Teilhabe am Erwerb von Bildung und Kompetenzen, gesellschaftliche Teilhabe durch Mobilität und Freizeitmöglichkeiten sowie Teilhabe an sozialen Beziehungen und Netzwerken. Die erforderliche Unterstützung ist bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen, Wahlmöglichkeiten durch flexible Angebote zu eröffnen, Barrieren abzubauen, Begegnungen zu ermöglichen, Kommunikation zu fördern. Damit werden Wege in ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Beeinträchtigungen schrittweise ermöglicht. Wir wollen Beeinträchtigungen weniger als Defizite wahrnehmen, sondern die betroffenen Menschen in ihren Stärken unterstützen. Deshalb werden alle Leistungen für behinderte Menschen konsequent personenzentriert gestaltet.

Weiterhin müssen Leistungen für behinderte Menschen möglichst gemeindenah in der Region erbracht werden. Der LWV Hessen will gemeinsam mit den Kommunen bei der Schaffung von Rahmenbedingungen für einen inklusiven Sozialraum mitwirken, der eine umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben möglich macht.

Überörtlicher Sozialhilfeträger

Der LWV Hessen ist als überörtlicher Sozialhilfeträger und als Integrationsamt zuständig für wichtige Teilhabeleistungen für behinderte Menschen in Hessen. Er ist zudem Träger von Förderschulen und von Frühförderstellen für sinnesbeeinträchtigte Kinder. Im Rahmen seiner Zuständigkeiten und der gesetzlichen Vorgaben strebt der LWV Hessen in Fortsetzung seiner bisherigen Praxis die Umsetzung seines „Leitbildes Inklusion“ bei allen Teilhabeleistungen an. Unter Berücksichtigung des Wunsch- und Wahlrechts der Leistungsberechtigten, der gesetzlichen Grundlagen und bewilligter Haushaltsmittel werden dabei die folgenden Grundsätze verfolgt:

Beim unterstützten Wohnen für behinderte Menschen fördert der LWV Hessen vorrangig differenzierte Wohnformen, das Wohnen in Pflegefamilien und das Begleitete Wohnen in Familien. Demgegenüber ist das unterstützte Wohnen in Wohnheimen nachrangig zu fördern. Kleine, dezentrale und in gute Infrastruktur eingebundene Wohneinheiten werden gegenüber dem Wohnen in zentralen Großeinrichtungen von den betroffenen Menschen in der Regel vorgezogen, weil sie bessere Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Flexible Angebote für Einzelwohnen, Paarwohnen, Gruppenwohnen mit und ohne spezielle Unterstützung sind schrittweise umzusetzen, um dem Wunsch- und Wahlrecht der Leistungsberechtigten gerecht zu werden. Es sollen möglichst keine neuen Angebote für spezifische Personengruppen geschaffen werden.

Bei der Beschäftigung von behinderten Menschen ist eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anzustreben bzw. zu ermöglichen, zu erleichtern oder zu erhalten. In diesem Sinne werden Integrationsprojekte weiter ausgebaut und gefördert. Soweit eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht oder nicht kurzfristig erreichbar ist, sondern eine Tätigkeit nur in einem unterstützenden Rahmen möglich ist, findet diese in Werkstätten für behinderte Menschen statt. Auch dabei sind möglichst betriebsnahe Varianten auszubauen. Die Werkstätten für behinderte Menschen werden dabei unterstützt, Übergänge auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu verwirklichen. Integrationsfachdienste sind wichtige Partner für die Unterstützung, Beratung und Begleitung der behinderten Menschen im Arbeitsleben und deren Arbeitgebern.

Von den Schulen des LWV Hessen einschließlich ihrer überregionalen Beratungs-und Förderzentren wird die gemeinsame Beschulung von Kindern mit und ohne sonderpädagogischen Förderbedarf in der allgemeinen Schule als Regelform weiter vorangetrieben und gefördert. Ziel ist die bestmögliche Förderung der Schülerinnen und Schüler unter Achtung des Elternwahlrechts.

Der LWV Hessen strebt die weitere Verbreitung und Umsetzung des Persönlichen Budgets in allen Leistungsbereichen an, um individuell passende Unterstützungsformen zu verwirklichen.

Der LWV Hessen wird die von ihm, seinen Schulen und deren angegliederten sozialen Einrichtungen genutzten Grundstücke und Gebäude barrierefrei gestalten. Dies gilt für Zugänglichkeit, Auffindbarkeit und innere Gestaltung im Hinblick auf eine Nutzung durch mobilitätseingeschränkte, blinde und sehbehinderte, gehörlose und hörbehinderte Menschen sowie Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen. Neu zu errichtende Gebäude werden entsprechend gestaltet unter Berücksichtigung der einschlägigen DIN-Normen. Bestehende Gebäude werden auf ihre Barrierefreiheit überprüft und schrittweise umgestaltet, insbesondere im Zuge notwendiger Sanierungen und Instandsetzungen. Dabei darf der notwendige Denkmalschutz Barrierefreiheit nicht verhindern.

Die Informations- und Kommunikationssysteme des LWV Hessen werden im Rahmen der technischen Möglichkeiten schrittweise barrierefrei gestaltet, soweit dies für die Nutzung durch behinderte Menschen notwendig ist.

Der LWV Hessen wird sich dafür einsetzen, dass bei gesetzlichen Neuregelungen (z. B. der Reform der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen), bei der Gestaltung von Programmen zur Unterstützung behinderter Menschen, dem Abschluss von Verträgen mit Leistungs-anbietern bis zur Planung von Hilfesettings diesem Leitbild Inklusion Rechnung getragen wird. Hierdurch trägt der LWV Hessen auch zum Abbau mentaler Barrieren (z. B. Vorurteile, Voreingenommenheit und Desinteresse bezüglich der Lebenssituation behinderter Menschen) bei. Im Rahmen seiner Möglichkeiten wird er auch an der notwendigen Aufklärung über die Rechte behinderter Menschen sowohl verwaltungsintern als auch nach außen mitwirken.